Der soziale StaatSoziale Gesundheit
Kann man einen Staat als reich bezeichnen, in dem es kein Erbarmen mit armen Menschen gibt?
Ausgrenzung sozial schwacher hat für einen Staat fatale Folgen:
Arbeitslosigkeit und SelbständigkeitWas ist das eigentlich, "Arbeitslosigkeit"? Ich will im Folgenden auf keinen Fall die Not der von Arbeitslosigkeit betroffenen anzweifeln oder ihnen irgendwelche Versäumnisse vorwerfen. Ich will auch nicht die faktische Chancenlosigkeit der Personen, die davon betroffen sind, leugnen und auch nicht das schwerwiegende gesellschaftliche Problem, das sich damit verbindet. Ich werde etwas später noch einmal auf die unverrückbaren Probleme zurückkommen. Aber zunächst will ich etwas vereinfacht und hoffentlich entlarvend darstellen, was für ein seltsamer Zustand "Arbeitslosigkeit" ist: Stellen Sie sich vor, ein Vogel wacht eines Morgens auf und stellt voll Schrecken fest, dass ihm heute niemand erzählt, was er zu tun hätte. Ab heute sei er "arbeitslos" sagen seine Freunde. Er sei gekündigt - Eine absurde Vorstellung, denn unser Vogel lebt eigenverantwortlich Er weiß selber, was er zu tun hat. Er sorgt für sein Leben. Er arbeitet und bestimmt selber, was er arbeitet. Natürlich benötigt er zum Sammeln von Körnern keine anderen Vögel. Auch findet er keine Landschaft vor, die gemeinschaftlich geregelt in Grundstücke aufgeteilt ist, in denen er picken kann, oder auch nicht, wenn er kein solches Grundstück besitzt (obwohl: Die Aufteilung von Revieren ist im Tierreich auch bekannt). Aber bei den Ameisen beispielsweise ist mir das Phänomen der "Arbeitslosigkeit ebensowenig bekannt, obwohl sie eine hochkomplexe soziale Organisation aufweisen. Das Phänomen der Ausgrenzung von Alten ist aber bei den Löwen meineswissens bekannt. Diese alten "Rentner" ohne Rentenversicherung könnten also ein Beispiel aus der Natur für unsere Nöte und sozialen Ängste sein. Dennoch bleibt bei mir eine gewisse Verwunderung, denn viele Arbeitslose sind kerngesunde starke Menschen mit vielen Freunden, deren Kraft gerade an der Stelle, an der sie sich befanden nicht gebraucht wurde. Die Ausgrenzung nach dem Prinzip "Arbeitslosigkeit" folgt selten den Fähigkeiten einer Person und noch nicht einmal der mangelnden Wertschätzung einer gefühlsharten sozialen Umgebung. Verwundert bin ich auch über die Selbstverständlichkeit, mit der die betroffenen "Arbeitslosen" sich in ihr bislang, wenn auch magerer bezahltes Schicksal ergeben und wie wenig Ausgleich zwischen dem eklatanten Arbeitskräftemangel (wohlgemerkt: nicht Arbeitsstellenmangel) vielerorts, in Altenheimen, in der Jugendarbeit, in der Krankenpflege, etc. stattfindet. Natürlich kann ein arbeitsloser Mensch nicht satt werden von unentlohnten sozialen Tätigkeiten. Auch wird ein krankes Sozialsystem nicht gesunder, in dem die Gesellschaft die fürsorglichen Tätigkeiten gering geschätzt, wenn Ehrenamtliche sich dorthin begeben, wo ausgebeutet wird. Aber auch in der Landwirtschaft, wo die Selbstständigkeit existenziell möglich ist, findet eine große Landflucht immer noch statt. Natürlich auch dort, weil die Arbeit der Bauern zunehmend gering bewertet und somit entlohnt wird. Aber dieser Zustand ist nicht selbstverständlich und der Begriff Arbeitslosigkeit ist relativ neu.
Wir erleben derzeit einen massiven Trend zur Unselbständigkeit. Begonnen hat dieser Trend mit der Industrialisierung. Verbunden ist er aber ausgerechnet auch mit den Errungenschaft des Sozialstaates. Aufgaben, die bis dahin kleinen Gemeinschaften überlassen waren, nämlich den Familien, den Gemeinden und handwerklichen Betrieben, gingen an immer größere Firmen mit immer anonymeren Beziehungen der Arbeiter zu deren Besitzern über und gleichzeitig wurden familiäre Aufgaben an den Staat übertragen. Zum Beispiel die Altenfürsorge und die Arbeitslosenunterstützung. Dieser Prozess ist kaum umkehrbar. Aber die Verunselbständigung ergreift andere Bereiche: Die Zahl der Unternehmer nimmt rapide ab. Die Zahl der Selbständigen ebenso. An deren Stelle kommen Franchise-Nehmer und Ich-AG-s. Und Konzerne, deren tatsächliche Eigentümer für uns nicht mehr auszumachen sind. Selbständigkeit scheint etwas zu sein, dessen Zeit abgelaufen ist.
Anders als bei Tieren, gibt es bei Menschen verschiedenste Möglichkeiten, sich zu organisieren und zu leben. Wir müssen uns mit unseren Nöten nicht unhinterfragt abfinden. Arbeitslosigkeit und Altersarmut sind in erster Linie das Resultat von schlechter Organisation, mangelnder Kreativität und mangelnder Eigenverantwortlichkeit der gesamten Gesellschaft. Durch Organisatorische Maßnahmen, Kreativität und Eigenverantwortlichkeit lassen sie sich auch bei reduziertem oder "negativem" Wirtschaftswachstum vermeiden. Merken Sie es?: Dem eigenverantwortlichen Bürger erschließen sich Wege zur eigenen wirtschaftlichen Absicherung und zur Gesundung des Gemeinwesens. Eigenverantwortung und Kreativität sind der Schlüssel. Denken Sie einmal darüber nach! Diejenigen, die verallgemeinernd als "Das Kapital" bezeichnet werden, denken auch viel darüber nach. Aber vielleicht nicht in Ihrem Sinne und auch nicht im Sinne des Gemeinwesens. Sie sprechen auch über ihre Gedanken mit Politikern und Medienvertretern und bringen Zuckerbrot und Peitsche mit. Überlassen Sie die öffentliche Meinung nicht alleine diesen "Think Tanks". Vielleicht finden Sie Wege, etwas zu bewegen. In einer Welt, in der nur wenige wirklich eigenständig und gründlich denken, haben die wenigen, die es tun (und aussprechen), großes Gewicht.
Nächster Schritt: "Kapitalismus und Kommunismus"
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